„Belastung hängt von Postleitzahl ab“

Gescher. Auf großes Interesse stieß die Info-Veranstaltung zur aktuellen Situation rund um die Straßenausbaubeiträge. Bis auf den letzten Platz war das SPD-Café in Gescher besetzt. Der hiesige Landtagsabgeordnete André Stinka und der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zum Thema „Straßenausbaugebühren“, Christian Dahm, waren als Experten eingeladen. Die Moderation übernahm Marc Jaziorski, Vorsitzender der SPD in Gescher und im Kreis Borken.


In NRW gibt es 396 selbstständige Städte und Gemeinden. Die Stadt Gescher gehört zu den 50 Städten im Land, die die Höchstsätze bei den Straßenausbaubeiträgen von ihren Bürgern verlangt, wenn Straßen nach einem erneuten Ausbau veranlagt werden. „Die Belastung der Bürger hängt also von der Postleitzahl ab“, heißt es hierzu in einer Pressemitteilung. Für dieselbe Leistung müssten Bürger in unterschiedlichen Städten unterschiedliche Beträge zahlen. In der Tendenz bedeute dies, dass in Städten mit einer angespannten finanziellen Lage auch höhere Beiträge verlangt würden. „Das ist ungerecht“, fasste Dahm zusammen. Da kämen schnell hohe vier- oder sogar fünfstellige Summen auf Grundbesitzer zu.


Dahm stellte heraus, dass hiermit nicht der erstmalige Ausbau von Straßen gemeint sei. Im Fokus der aktuellen Diskussion stehe der Ausbau von Straßen im Rahmen von Instandhaltungen. Den Ausbau solcher Straßen hätten die Anliegern schon einmal bezahlt. Eine extreme Härte stelle das zum Beispiel für Familien dar, die sich gerade ein Haus gekauft und die Finanzierung geregelt hätten. Die ungeplante zusätzliche Finanzierung von Straßenausbaugebühren könne die Familie finanziell ruinieren. Ein ähnliches Schicksal könne Rentnerpaare treffen, die sich ihr Wohneigentum oft auch als Altersversorgung angeschafft hätten. Diese und weitere Geschichten und Schicksale schilderten Anwesende der Veranstaltung im SPD-Café. Das Konzept der SPD sieht vor, den Straßenausbau aus Landesmitteln zu finanzieren. Dazu erhalten Kommunen einen Zuschuss zu ihren Straßenbaumaßnahmen. Der Zuschuss soll sich an der Höhe der Investitionen der Kommunen in den vergangenen Jahren orientieren.


Gerecht? Dahm meint: „Ja!“. Denn die Nutzung von Straßen, insbesondere in Wohngebieten, habe sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Zu Schornsteinfeger und Müllabfuhr kommen zusätzliche Postdienstleister, Lieferdienste, Pflegedienste usw. Die Nutzung von Straßen sei vielfältiger geworden. Deshalb müsse die Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen völlig neu geregelt werden. Die SPD möchte diese Beiträge vollständig abschaffen. Stinka: „Dazu hat die SPD in NRW einen Gesetzesvorschlag entwickelt, der sofort umsetzbar ist“.


Die Abschaffung der Gebühren hätte weitere positive Effekte, etwa geringere Personal- und Sachkosten für die Gemeinden. Außerdem klagten viele Anlieger gegen ihre Gebührenbescheide. Durch die Abschaffung könnten Gerichte spürbar entlastet werden. Obwohl viele Bundesländer diesen Schritt schon vollzogen hätten, bleibe NRW bei der bisherigen Praxis. Die CDU/FDP-Landesregierung stehe für die Beibehaltung dieser Beiträge.


Alle Anwesenden waren sich laut Mitteilung einig, dass die Abschaffung der Beiträge die beste Lösung für alle Seiten darstelle.